Samstag, 23. April 2011


Der Hasenpeter und der Bärlimann

Eigentlich ist es ein gewöhnlicher Tag draußen auf der Wiese. Ein kleiner idyllischer See, ein schöner Wald und eine große Felswand umschließen dieses kleine Tälchen, das sich im Hasenland befindet. Weitab von Menschen, doch nahe an den vielen Kindern, die sich sicher auf Ostern freuen.

Ganz aufgeregt hoppelt Hasenpeter am späten Nachmittag über die Wiesen und im nahen Wald umher. „Was ist mit dir?“ krächzt ihm Eichelhäher Fritz aus dem hohen Baume dem Hasenpeter zu. „S..sss..ss...siehst du es dddenn nicht, es schneit“. Völlig außer Atem und aufgeregt kommt diese Antwort vom Hasenpeter, „u...u...und und wenn e..ee.ee schneit kann ich doch keine Eier färben“. „Aber das dauert doch noch lieber Hasenpeter, Ostern ist ja erst in vier Wochen!“ „Ich misch mich nicht gern ein“, schnatterte die Ente Frieda, die gerade aus dem nahen Teich daher watschelt und dabei ihr nasses Gefieder ausschüttelt, „aber so lange geht es nun auch wieder nicht bis Ostern“. All die vielen Schneeglöcklein in der Wiese hier am Waldrand nicken bejahend und stumm. Stumm? Nein natürlich nicht, nur, wir Menschen können das wunderbare feine Klingeln ihrer Glöckchen nicht hören, aber Zwerge, Elfchen und Kinder, die im April geboren sind, die können es hören. Ein feiner Silberklang, als würden tausend Engel singen. Dazu schweben im takte feine Schneeflöckchen. „ j...j...jaaa da...daaas ist ees ja...ja eeben“, jammerte der Hasenpeter. Ganz aufgeregt hoppelt Hasenpeter im Kreis herum, solange bis er nur noch müde ist, da setzt es sich unter einen schützenden Strauch, ließ seine großen Ohren hängen und blickte traurig in das Schneetreiben. „Huhuhuhuuuu, kleiner Hasenpeter“ ruft das Käuzchen Naseweis von weit oben, „bist verstummt oder schläfst du schon“? „Nein, wie kann ich schlafen, es schneit, bald ist Ostern und der Faulpelz von Bärlimann schläft und schnarcht dabei auch noch, dieser Faulpelz, ja e..eein F...f...au..fau...lpeltz...zz". Immer wenn der Hasenpeter nervös wird oder sich aufregt, beginnt er zu stottern. „Beruhige dich Hasenpeter, der, was stört dich denn so, lass den doch schlafen“, „nein“, antwortet Hasenpeter traurig, aber wieder beruhigt, „seine Höhle ist doch meine Malwerkstatt, das habe ich mit ihm so ausgemacht, und wenn es jetzt schneit, so meint er doch, es sei immer noch Winter“. „Huhuhuhuuu, ach so, wenn das so ist...lass mal überlegen“...und nach einer kurzen, langen Weile, “also, morgen früh, wenn es hell wird, werden wir uns hier treffen, ich werde heute Abend und in der Nacht alle unsere Freunde zu einer Besprechung auffordern“. „Danke liebes Käuzchen Naseweis“, antwort Hasenpeter etwas erleichtert und versuchte es sich unter dem Strauch so gemütlich wie möglich zu machen. Er überlegt sich nämlich, dass wenn er gleich hier übernachten würde, dass er sich dann am Morgen zu dieser wichtigen Besprechung nicht verschlafen werde. Mit diesen Gedanken schläft er denn auch friedlich ein und träumt bunte Träume von vielen farbigen Ostereiern und von Kindern, die sie dann da und dort, wo er sie versteckt hat, dann suchen werden. Ach, ja, die lieben Kinder werden Freude haben...
...Am anderen Morgen, in aller Frühe ist ein Jubilieren und Singen zu vernehmen, als ob die Welt ein Vogelparadies wäre. Hasenpeter hoppelt mit zagen Sprüngen aus seinem Versteck hervor, blinzelte ins helle Licht, schüttelt ungläubig sein Kopf, dass seine Ohren ihm um die Ohren flattern, schließt und öffnet seine großen Knopfaugen und glaubt immer noch zu träumen. Die Sonne erhebt sich gerade über dem nahen kleinen See, in dem die Ente Frieda mit ihrem Enterich Hannes ihren Morgenrundschwumm macht, im Schlepp eine ganze Horde kleine Entlein. Nichts von Schnee, nein, Frühlingsduft liegt in der Luft, Bäume blühen aufs Schönste, Blumen in allen Farben und Arten und mitten drin der Bärlimann, der sich nicht genug des Duftes erfreuen kann. Hasenpeter versteht die Welt nicht mehr, gestern schneite es doch und der Bärlimann versperrte schnarchend mit seinem dicken Hinterteil den Zugang zur Höhle, in der er doch hätte seine Ostervorbereitungen machen müssen. Nun hoppelt der Hasenpeter durch dieses duftende Blumenmeer hinüber zum See, taucht seinen Kopf ins kalte Wasser, schüttelt ihn, dass seine Ohren laut aufklatschen. Erschreckt über diesem Krach springen die kleinen Entlein ihren Eltern auf den Rücken und verkriechen sich im dichten Gefieder. Der Bärlimann dreht seinen Kopf in die Richtung des klatschenden Lärms brummte was in seinen zotteligen Pelz und schnüffelt sich weiter durch die blühende Wiese. Durch die fein duftende Luft brummt und summt es aufs Schönste, Schmetterlinge flattern Hasenpeter um den Kopf, dass es ihm ganz schwindlig wird und er ohnmächtig nach hinten ins grüne Gras fällt.

„Was ist mit dir Hasenpeter“, hört er wie von Ferne jemand rufen. Es versucht die Augen zu öffnen, aber alles, was er sah, war Blau. –Wo bin ich- geht im durch den schwindeligen Kopf, -ich bin doch nicht etwa im Himmel?- „Huhuhuhuuuu Hasenpeter, wach endlich auf, morgen ist Ostern“! „Iiiii...w...w..waa...aaa...wass2 stottert Hasenpeter. „ Oooooo...ooo...stern“ schwups und Hasenpeter steh auf seinen Hinterläufen aufrecht im Gras, schaut in die Runde uns kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Alle seine Freunde und noch viel mehr sind um ihn herum versammelt und lachen, was das Zeugs hält. Groß und Klein sind versammelt. „ huhuhuhuuuu, du bist gut Hasenpeter, duu hast den Frühling verschlafen und hattest über den Bärlimann gelästert, von wegen Faulpelz...hihihihihi...und nun“, fahrt das Käuzchen Naseweis fort, „nun ist morgen Ostern, hihihihihi und was ist nun mit deinen Ostereiern?“ Doch die letzten Worte hört Hasenpeter nur von ferne, so schnell ist er schon lange nicht mehr gehoppelt, rennen nennt man das und prompt verpasst er den Zugang zur Bärenhöhle und rennt und rennt. Doch Eichehäher Fritz ist eben so schnelle, „wohin des Weges mein kleiner Hasenpeter?“ „ Iiii...ii...n die B...bää...äerenhöle“, „da bist du aber längst vorbei gerannt mein Lieber, hihihihihohoho“. Hasenpeter wollte, aber kann nicht bremsen und purzelt über Stock und Stein und liegt, eh er sich versah, mitten in einem Bienenstock. Die Bienen fliegen in alle Himmelsichtungen auf, so erschrocken sind sie. Nur die Königin mitten in ihren Waben schaut verwundert auf. „Zzzzz“ „„E...eee.ent..schu...uldigen M...mm...eiest...tät“.

Nun, die Höhle hat Hasenpeter natürlich wieder gefunden. Erst musste er sich aber eine Weile ausruhen über diesen Schreck. All seine Freunde waren aber schon längst da, als er nun gemächlich hoppelnd endlich ankommt. Nun, kaum dass er mit ersten Hoppelschritten in die Höhle hoppelt, kommt er aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Waaas i...i...st denn d...d...daa pass..ssiert,“? „Huhuhuhuuuu beruhige dich lieber Hasenpeter, wir dachten, wenn du schon deinen Winterschlaf schläfst, machen wir die Malerarbeiten für dich. Faulpelz Bärlimann hatte die Idee. Als du nämlich nicht wie abgemacht, an der Sitzung erschienen bist, zogen wir alle ohne dich zur Bärenhöhle. Bärlimann war gerade am sauber machen. Wir erzähltem ihm von dir und deinen Bedenken und Ängsten. „Nicht mal ausschlafen darf man“ brummte er ein wenig verärgert, „wird doch wohl reichen, wenn wir morgen mit dem Eierfärben beginnen“. Dann verteilte er uns allen eine Aufgabe und schickte uns los“. Käuzchen Naseweis macht eine Pause. Ganz ungeduldig und neugierig fragt Hasenpeter, „na und, der Bärlimann?“ Ein riesen Gelächter schallt durch die Höhle. „ hihihihi, der legte sich noch ein Stündchen schlafen, der Faulpelz hihihihihihi“...

© Hans-Peter Zürcher

Freitag, 1. April 2011


Ein Regentag

Eigentlich war es ein Tag wie jeder Andere, kaum dass sich erste silberne Lichtstreifen am Horizont bemerkbar machten, begannen Amseln sachte und zart mit ihrem Morgengesang. Aus einem tiefen, beinahe schwarzen Blau des sich langsam lichtenden Nachthimmels glitzerten und funkelte ein Sternenhimmel. Zusammen mit dem kühlen, fahlen Mondlicht eines dreiviertel Mondes entstand eine silbern schimmernde Märchenlandschaft. Im nahen Teich lieferten Frösche in höchster Balzstimmung ein Quakkonzert der besonderen Art in den frühen, erwachenden Tag. Je heller es wurde, je mehr gesellten sich zu diesem Konzert liebliche Töne einer jubilierenden und singenden Vogelschar, als wäre soeben der Frühling ausgebrochen. Dieser begann aber in diesem Jahr besonders früh und man könnte fast meinen, es währe bereits Frühsommer. Die Silberstreifen verwandelten sich in kleinen Schritten in ein Violettrot, das sich langsam zu einem Morgenrot entwickelte und der Natur einen besondere, zarte, fast verschämte Note einhauchte. Nur noch wenige Sterne und der Mond getrauten sich in dieses Himmelsspektakel hinein zu leuchten. Die Luft roch nach Nachtfeuchte und bildete zarte Nebelchen über die Wiesen und braunschwarze Gartenböden, die vor lauter Grünzeug und Blumen kaum mehr ersichtlich waren. Eine ungewöhnliche, schwere Milde lag über dieser Szenerie und verbreitete so eine Morgenstimmung, als wären Freude und Trauer zu gleich in Erscheinung getreten. Am Himmel spinnen helle, nun schon fast weiße, seichte Wölkchen, ihre Schleiertücher und weben daraus ein Kleid so fein wie ein zarter Hauch von Nichts. Erste Sonnenstrahlen brechen durch diesen Schleier und verwandeln die Landschaft mit einem weißen Licht in ein laues, leichtes, reinigendes Dampfbad.

So wie das morgendliche Konzert ausgebrochen war, so verabschiedete es sich nun, die Frösche mit einem traurigen Quak, das die Amsel mit ihrer Gesangsfrische aufmuntern wollte. Kein Windchen war zu verspüren und dennoch bewegten sich sachte die Blätter in Baum und Strauch. Ein Eichhörnchen, huschte von Ast zu Ast, flink einem Baumstamm hinunter gleitend, um nach kurzer Suche in ihrem nun nicht mehr geheimen Versteck, mit einer Nuss in die sichere Höhe eines Baumes entschwindend, um sich da sein Frühstück einnehmen zu können. Auch die Vögel folgten diesem Trieb. Die Amseln holten sich aus der leicht feuchten Erde Würmer zur Fütterung ihrer Jungen, um damit flugs im Geäste der Sträucher zu verschwinden, aus denen ein sachtes Gepiepst von Jungvögeln in ihren Nestern zu vernehmen war. Ein schwirrendes, flatterndes hin und her. Libellen flogen leise zittern über das Feuchte Gras, Biene und Hummeln brummten von Blum zu Blume, um in deren Kelchen sich mit dem süßen Nektar zu sättigen. Schmetterlinge, einzeln oder paarweise, streiften lustig flatternd durch dieses treiben. Eidechslein verharrten mit weit von sich gestreckten Beinchen auf Steinbrocken zwischen den Blumen und Grünpflanzen und ließen sich von den frühen Sonnenstrahlen aufwärmen. Ein kunterbuntes Treiben, untermalt von vielfältigen Geräuschen und Stimmen der Natur. Trotzdem lastete etwas Schweres, Unerklärliches über dieser stimmungsvollen, morgendlichen Naturkulisse, die durch das muntere plätschern des Brunnen hinter dem Haus nicht aufgeheitert werden konnte. Auch der verführerisch süße Duft, der blühenden Sträucher und Rosen vermochten diese Stimmung nicht zu aufzuwerten, das Schwere und Unerklärliche blieb hartnäckig.

Die zunehmende Wärme der Sonneneinstrahlung ließ die Feuchte der Nacht rasch verdampfen, hinterließ aber eine Schwüle, die sich zusammen mit der sich nun aufheizenden Luft sehr unangenehm bemerkbar machte. Aus den am Himmel verwobenen Schleiertüchern bildeten sich schnell quellende Wolkentürme, die sichtlich in die Höhe schossen. Wie in einem Kochtopf begann es nun zu brodeln, ein Schauspiel, in dessen sich dunkle schwarze Wolken aufblähten als wollten sie uns den Kampf ansagen. Ihre scharfen Ränder zeichneten sich im Sonnelicht wie frisch geschärfte Messerklingen und zeichneten das schwarz der Wolkenwand noch bedrohlicher ab. Es dauerte nicht lange, da begann ein Grollen aus dem Magen dieser Wolkenmassen, einige Blitze vermochten sogar das blend weiße Licht der Sonne zu überlisten. Fast gleichzeitig kam ein Wind auf, der nicht nur die Bäume und Sträucher in Schwingung versetzte. Rosenblüten, die verblüht an ihren Stängeln ein letztes schönes aufleuchten uns vermitteln wollten, hatten zu wenig Kraft, sich festzuhalten und wirbelten nun, in buntem Reigen vom böig aufblähenden Wind, kunterbunt durch die Luft. Der Wasserstrahl aus dem Ausgussrohr am Brunnen musste mächtig kämpfen, dass er nicht auseinander gerissen wurde. Vereinzelte Tropfen, dann ein Regenguss, dessen Tropfen schwer und groß waren wie durchsichtige Perlen, die im Licht der Sonne glitzerten wie tausend Sterne. Die Sonne und diese Glitzerperlen zauberten einen wunderschönen Regenbogen an den Himmel. Und ebenso schnell wie das morgendliche Gewitterchen begleitet von eitlem Sonnenschein entstanden war, verfiel es in sich und hinterließ eine schwere, sumpfig duftende Luft. Die Wolkendecke begann sich zunehmend zu schließen und die Sonne zog sich zurück in ihr Himmelreich.

Ein plötzlich auffrischender Wind, getrieben durch eine angenehme Kühle, brachte einen Landregen, der sich über Stunden hinweg bis in die Nacht hinein zog. Das gleichmäßige Rauschen, das die vielen tausend Regentropfen auf den Blattern im Baum und Strauch hinterließen, bildete die Begleitmelodie zu den Quaklauten der Frösche, dem Abendgesang der Amsel und der Mönchsgrasmücke. Die stickige Schwüle wurde abgelöst durch einen reinen, frischen Duft von Regen, nassem Gras und einem leicht moderigen Duft feuchter Erde.

Die Düsterheit des Tages verlor sich in das Dunkel der Nacht, in deren Stille nur noch die Balzlaute der Frösche und das plätschern des Brunnen, vermischt mit dem meditativen Rauschen des Landregen zu vernehmen war.

© Hans-Peter Zürcher