Donnerstag, 3. Februar 2011

Sternennacht

Ein frostig eisiger Wind lässt die ohnehin schon kalte Nacht erstarren. Sternenklar und mit unheimlicher Tiefe zeigt sich der Nachthimmel. Da und dort steigt Rauch aus Kaminen, dessen weißliche Dampffahne sich sehr schnell in der trockenen Luft verflüchtigt. Aus einigen Fenstern, die noch nicht mit Läden der Käte wegen verschlossen sind, schimmert gelblich wärmendes Licht in die unendliche Kälte der Nacht.

Der Bursche, der in seinem Kämmerlein am Fenster steht und seinen Blick gleich seinen Gedanken hinaus in diese unwirtlich kalte Nacht schickt, fröstelt es ein wenig. Nein, nicht die Kälte von draußen ist es, das ihn in seinem warmen Stübchen frösteln lässt...

„Ich hol dir die Sterne vom Himmel“ flüstert ihm sein Schatz ins Ohr. Es war eine kühle Sommernacht in den Bergen. Sie saßen Hand in Hand auf dem Bänklein vor der Hütte und schauten gemeinsam in den klaren Nachthimmel. „Weißt du mein Schatz, oft sitze ich am Abend, wenn sich der Himmel öffnet und all die vielen Sterne und der Mond sich mir zeigen, am Fenster in meiner Stube. Ich fühle, dass du in der Fremde gleiches tust. So sind wir uns dann immer ganz nah, wie jetzt, gell“.

...Ja, genau so empfindet er auch jetzt, in dieser hellen, kalten Nacht. Gerade jetzt, wo er in seinem Stübchen in der Fremde am Fenster steht und in den klaren tiefen Himmel schaut. < Ja, jetzt steht auch mein Schatz am Fenster und blickt in denselben Himmel, zu denselben Sternen >, geht ihm durch den Kopf. - Ich hole dir die Sterne vom Himmel - Ein Gefühl von Freude und Trauer, von tiefer Liebe und Sehnsucht steigt in ihm hoch. Mit diesen Gefühlen steigt auch eine Träne in ihm hoch, eine Träne, die sich mit vielen weiteren auf seinem Gesicht verflüchtigen und in ewige Gedanken an seine Liebste entschweben wie Sternschnuppen am Firmament...

„Weißt du mein Schatz, wenn ich dann mit deinem Briefen in meiner Hand so am Fenster stehe, muss ich oft weinen. Ich vermisse dich all die lange Zeit die uns trennt. Wir sind uns so nah und so weit. Ab und zu kullert eine Träne von mir auf Deine Briefe, vermischt sich mit der Tinte deiner Worte und verschmilzt so zu einem Ganzen, genau so, wie unsere Liebe“.

...Er fühlt, dass auch sein Schatz jetzt zur gleichen Zeit in den gleichen, kalten Nachthimmel schaut. Wie sich seine Gedanken mit denen von seiner Liebsten sich im Universum verlieren, wo sie sich verbinden zu einem Ganzen, einer innigen, großen Liebe.

© Hans-Peter Zürcher