Donnerstag, 29. Dezember 2011


Die verborgenen Stunden der Sonne

...oder Gedanken an einem kalten Wintertag

Wer Lust zu lieben hat, steht von den Toten auf, denn nur wer liebt, ist lebendig.

Robert Walser

Vor vielen Jahrhunderten, Jahrtausenden, fragten sich die Menschen, was geschieht mit der Sonne, wenn sie untergeht. Die Menschen fragten sich, was kommt nach dem Tod. Auch heute noch stellen wir uns immer wieder diese Frage, was kommt nach unserem Tod. Heute wissen wir, dass die Sonne am anderen Morgen wieder aufgeht, die Sonne, die uns am Leben erhält. Alles Leben hat seinen Kreislauf, also, so fragen wir, warum soll es also nach unserem Ableben auf dieser Erde für uns nicht weiter gehen.

Alles hat seinen Kreislauf. Die Erde ist rund. Tag und Nacht sind eben so in einen Kreislauf gebunden wie Ebbe und Flut, wie die vier Jahreszeiten, die uns deutlich und klar vor Augen führen, wie im Frühling immer wieder neues aus altem entsteht, im Sommer sich alles üppig auslebt um sich dann im Herbst aufs Vergehen vorzubereiten, dass sich dann alles über den Winter in sich ruhend aufs Neue im Frühjahr vorbereiten kann.

Dieses System des immerwährenden Wiederkehrens ist leider immer mehr gefährdet. Seit es dem Menschen gelungen ist, sich in diesen Kreislauf, bewusst oder unbewusst, einzumischen, wird dieser Kreis immer mehr aufgebrochen und verwandelt sich unaufhörlich in eine unendliche Gerade des Vergehens. Unwiderruflich wird dadurch der Kreislauf durchbrochen und alles das zerstört, was diesen am Leben hält. All das wird letztendlich auch den Menschen selbst endgültig zum erlöschen bringt.

© Hans-Peter Zürcher

Montag, 26. Dezember 2011


Ein Jahrbuch...

Oder Gedanken zum Jahresausklang

Das alte Jahr geht bald zu Ende. Wir schließen einen weiteren Band im Lebenszyklus dieser Welt. In einem einst sauberen, unbefleckten Jahrbuch sind wieder viele, viele Seiten gefüllt worden. Beschrieben mit Blut und mit Tränen, verkleckst mit unzähligen Gewalttaten an Mensch, Tier und Natur.

Wir beginnen bald mit einem neuen Jahr, schlagen ein neues Buch auf, wieder ist es ein reines unbeflecktes Buch, ein neuer Band im Lebenszyklus dieser Welt. Ebenfalls eröffnen wir ein neues Kapitel in unserem eigenen Lebensbuch.

Ein neues Jahrbuch aufzuschlagen ist wunderbar, denn all seine leeren Seiten sind rein, weiß und unbefleckt. Weiss wie Frieden. Möge die Menschelt die Chance nutzen, dass dieses neue Jahrbuch rein weiß und unbefleckt bleibt und wunderbare Geschichten von Frieden und Wohlergehen für Alle eingetragen werden...

Ein neues Kapitel in unserem Lebensbuch aufschlagen, ja, ich denke so rein und weiß die Seiten auch aussehen, täuscht. Die Seiten sind voll geschrieben mit unsichtbarer Tinte, dessen Inhalt nur langsam mit den gelebten Tagen sichtbar wird. Die letzten Worte im letzten Kapitel werden wir dann dereinst nicht mehr lesen können. Zwischen all den bereits vorgeschriebenen Zeilen findet sich aber noch viel Freiraum, den wir mit unserer Lebenseinstellung und unserer Lebensweise beschreiben können. Hier müssen wir besonders achtsam sein. Denn schnell hinterlassen wir Kleckse, die wir nicht mehr ausradieren können. Füllen wird diesen Freiraum doch mit Liebe, Wertschätzung, Anstand und all dem, was das Leben unserer Mitmenschen, der Natur und letztlich ja auch unser Leben positiv beeinflussen kann....

© Hans-Peter Zürcher

Sonntag, 18. Dezember 2011


Für einen Augenblick nur

Einer Erinnerung aus meiner Kindheit...

Ein Augenblick kann unendlich lang sein, wenn man etwas erwartet, das seit Tagen, ja sogar seit Wochen angekündigt wurde. So ein Augenblick war es damals, als wir Kinder am Heiligabend in der kleinen Stube auf die Ankunft des Christkindes warten mussten. „Es dauert nur noch einen kleinen Augenblick“ meinte unsere Mutter, als Vater in die schöne Stube verschwand. Diese war schon den ganzen Tag als verbotene Zone deklariert worden, streng geheim und abgeschlossen. Alle Jahre wieder dasselbe Ritual, und doch war es für uns immer wieder eine hoch spannende Angelegenheit, die Warterei auf das Christkind...

In der ersten Dezemberwoche waren wir jeweils mit dem Basteln eines Wunschzettels beschäftigt. Mit dem Schreiben alleine war es nicht getan, nein, es musste etwas besonderes sein. Es musste ein Wunschzettel sein, der dem Christkind Eindruck machte, so dass all unsere Wünsche in Erfüllung gehen sollten. Der Wünsche waren wir voll und etwa gar nicht bescheiden. Denn immer wenn wir durchs Jahr hindurch einen ausgefallenen Wunsch äußerten, hieß es: „da müsst ihr schon noch ein bisschen warten bis das Christkind kommt.“ Also wurde gezeichnet, geklebt und gebastelt was das Zeugs hält. Und dann, eines Abends war es so weit, Großvater meinte, dass genau an diesem Abend das Christkind hier vorbeifliegen werde, wir sollen jetzt unsere Wunschzettel vor das Fenster legen, am besten vielleicht hier vor das Küchenfenster. „Es dauert nur noch einen kleinen Augenblick, seid ja still, ruhig und artig“, meinte Großvater. Natürlich war dieser Augenblick zu lange für uns Buben. Ich fragte, und das nicht gerade leise, wenn es denn nun endlich käme. „Scht...“ mahnte Großvater. Es nutzte nichts, Mutter rief aus der Stube etwas von Christkind und dass es soeben sich am Stubenfenster gezeigt hätte. Wir stürmten in die Wohnstube ans Fenster, aber es war weit und breit nichts von einem Christkind zu sehen. Oder doch? das lag doch draußen etwas auf dem Sims. Schokoladen, zwei Weihnachtsschokoladen! in farbiges Stanniolpapier verpackt, mit einem in ganz weiß bekleideten, blonden Engel. „Ein Zeichen vom Christkind“, sagte Großvater und schmunzelte vor sich hin. „Und unsere Wunschzettel?“ fragte mein kleiner Bruder. Gleichzeitig rannten wir ans Küchenfenster. Weg, sie waren tatsächlich weg.

...Auch an diesem Heiligabend dauerte der kleine Augenblick eine Unendlichkeit. Daran sollten wir Buben eigentlich gewohnt sein, dies wiederholte sich ja alle Jahre auf dieselbe Weise, dieses Augenblickritual. Das Weihnachtsglöcklein klingelte auch alle Jahre auf dieselbe Weise und der Baum sah auch alle Jahre gleich aus. Und trotzdem, es war immer wieder ein großes Ereignis für uns, dieser kleine Augenblick, der uns dem Fest entgegenfiebern ließ und der nie enden wollte.

© Hans-Peter Zürcher


Ein besinnliches, frohes Weihnachtsfest
wünscht Euch
Herzlichst Hans-Peter Zürcher 

Freitag, 16. Dezember 2011


Eine kleine Adventgeschichte

Ein trüber und kalter Adventsonntag war es damals anfangs Dezember. Am Nachmittag fuhr Peter mit der Straßenbahn aus der Innenstadt dem Bahnhof zu. Die Fensterscheiben waren beschlagen, da und dort sah man aber durch frei gewischte Löcher hinaus. Die Straßenlaternen beleuchteten mit gelblichem, warmem Schimmerlicht die Gehsteige und die Straßen, die weiß glitzernd mit Schnee bedeckt waren. Das Treiben in den Straßen und Gassen wie auch in den Geschäften war eher gemächlich. Keine Hektik, wenig Leute, ein eher ruhiger erster Verkaufssonntag im Dezember. Leise rieselte Schnee aus dem mit dicken dunklen Wolken verhangenem Himmel. Das Rumpeln des alten Straßenbahnwagens wurde durch den Schnee gedämmt. Trotz geschlossener Fenster fühlte Peter einen kalt einströmenden Luftzug, der ihn frösteln ließ, dessen die großen Elektroheizkörper unter den hölzernen Sitzbänken nicht wettmachen konnten. Er schlug seinen Mantelkragen hoch und verschob sich auf der Sitzbank gegen den Mittelgang hin. Im Wagen befanden sich nur wenige Passagiere, denn es war noch früh am Nachmittag. Im schräg gegenüberliegenden Abteil entdeckte er einen Teddybären, der verlassen auf der Holzbank saß und lustig im Takt der holpernden Straßenbahn wackelte. Ja, es war schon etliche Jahre her, da hatte er auch einen solchen Bären, der ihn immer und überall hin begleitete. –Wer mag den wohl vergessen haben, muss wohl sehr traurig sein, das Kind-. Er stand auf und setzte sich dem Bären gegenüber. „Na, kleiner, wer hat dich denn da einfach sitzengelassen“. Der Teddy blieb stumm, blickte Peter aber mit großen, dunklen, leuchtenden Augen an. Graubraun, war er, mit einem liebevoll gebunden, schützenden Schal um den Hals. Schließlich war es ja Winter und wer kuschelt da schon gerne mit einem Teddy der erkältet war. Als an der Endstation am Bahnhof die wenigen Passagiere ausgestiegen waren und sich niemand um den kleinen Bären gekümmert hatte, nahm ihn Peter beherzt auf, streichelte ihm liebevoll über den Kopf und sagte zu ihm: „wenn du willst, nehme ich dich mit in mein warmes Stübchen, dann musst du wenigstens nicht frieren und bist nicht so alleine. Weißt, ich hab zu Hause meinen Mutzli, den kleinen Bären, der mich durch meine Kindheit begleitet hatte“. Er kippte ihn kurz nach hinten und zurück. „Mö ööö “ war seine Antwort, das soviel hieß wie ja gerne.....

Seither sind gut vierzig Jahre vergangen. Peter war mit dem Zug unterwegs nach Hause. Ein Werktag war es im November. Seine Nachbarin Yvonne mit ihrer Enkelin war ebenfalls im Zug. Die Kleine hatte ihren Teddy, der stark verknutscht und lädiert aussah, mit dabei und spielte mit ihm während der Fahrt. Sie setzte ihn auf den freien Sitz gegenüber und plauderte mit ihm drauf los. „Pass ja gut auf ihn auf, Vreneli“, mahnte sie die Kleine, „nicht dass du ihn dann sitzen lässt, wenn wir aussteigen müssen“. Dann erzählte sie Peter, dass sie ihren geliebten Teddybären vor vierzig Jahren in der Straßenbahn sitzengelassen habe. Sie war damals fünf Jahre alt und mit ihrer Tante zum Weihnachtseinkauf in die Stadt gefahren. Damals sei sie sehr traurig gewesen über den Verlust ihren geliebten Bären. Peter musste über diese Geschichte schmunzeln, erwähnte aber nichts von seinem damaligen Fund.....

......Am ersten Adventsonntag, mild war es, aber stürmisch, machte sich Peter mit einem kleinen Bündel unter dem Arm auf den kurzen Weg hinauf zum Haus von Yvonne. Sie waren schon seit damals Nachbarn, sie in ihrem Elternhaus, Peter in den seinem. „Schön dass du kommst, wir sind gerade beim Tee, komm doch herein, bitte, sei so gut. Aus dem Haus strömte ihm ein feiner Duft von Weihnachtsgebäck entgegen. Ja, diese Einladung nahm er sehr gerne entgegen. „Wir sind am Backen und gönnen uns nun ein erstes Gutzi“, lächelte Yvonne. Kerzen auf dem Tisch und ein elektrischer Pyramidenleuchter am Fenster trugen das ihre bei zu dieser vorweihnachtlichen Stimmung.

Peter öffnete geheimnisvoll sein mitgebrachtes Bündel. „Mö ööö“, ertönte eine Stimme aus der Decke. Peter streckte mit einem Lächeln den mit Schal bekleideten Teddybären Yvonne hin und sagte: „schau, den habe ich just vor vierzig Jahren am ersten Advent in der Straßenbahn sitzend gefunden und ihn mit in mein Stübchen mitgenommen. So war mein Mutzli nicht ganz allein, denn zum spielen war ich damals nun wirklich zu alt“. Yvonne konnte ihre Tränen nicht zurückhalten, zu bewegt war sie. Sie umarmte Peter und küsste ihn auf die Wangen. „Mein Gott, du?“, stammelte sie ganz aufgeregt, „du hast ihn gefunden, nein so was, nun wohnen wir schon so lange nebeneinander und mein Fritzli, den ich so vermisst hatte, war mir so nah. Nun holte Peter auch noch seinen Mutzli aus der Decke, „nimm ihn zu Dir, denn die beiden sind in den vierzig Jahren gute Freunde geworden, sie zu trennen wäre für die beiden sicher sehr schlimm...

© Hans-Peter Zürcher

Donnerstag, 8. Dezember 2011


Eiskristalle

Einer Erinnerung aus meiner Kindheit...

An einem Sonntagmorgen Ende November, stahlblauer Himmel aber fünfzehn Grad Kälte, wurde ich von meinem Großvater abgeholt. Er wolle mit mir einen Spaziergang unternehmen.

Bereits beim Aufstehen konnten wir an den Fenstern in unserem Kinderzimmer die schönsten Eisblumen bewundern. Ein weißlicher Hauch, blau hinterlegt vom Himmel, aus den allerschönsten Mustern komponiert. Eisblumenzauber in höchster Vollendung, von der Natur geschaffen. Eine Kombination aus unserer nächtlicher Ausdünstung und kalter durchgefrorener Fensterscheiben, zusammengesetzt aus lauter kleinster und feinster Eiskristalle. Wir Kinder konnten uns nicht genug satt sehen an diesen Blumen- und Blattmustern. Wenn wir diese dann aus nächster Nähe betrachteten, brachte unser warme Atemhauch diese Gebilde langsam zum schmelzen, um dann, wenn wir wieder ein wenig Abstand nahmen, gleich wieder welche entstehen zu lassen. Dieses Spiel konnten wir an solch kalten Tagen fast beliebig lang spielen, waren doch die beiden Fenster nach Norden und Westen orientiert, daher nur kurz von der Nachmittagssonne gestreift. Durch die vom Wohnzimmer her geöffnete Türe konnte das Zimmer tagsüber beheizt werden, so zogen sich dann jeweils die zarten Eiskristallgebilde bis fast an den Rand der Fensterscheibe zurück, um dann in der Nacht aufs schönste wieder aufzublühen.

Gut eingepackt, mit Schal, Handschuhen und dicker Wollmütze bekleidet, machten wir uns auf den Weg. Schnee war wenig vorhanden, die Straßen und Wege aper. Aber die Bäume, die Zäune, ja sogar die Telefonleitungen waren mit einen dicken Eis-kristallschicht ummantelt. Ein Anblick, der zusammen mit dem tiefen blau des Himmels wie im Märchen aussah. Jedenfalls stellte ich mir so eine Märchenlandschaft vor. Dem Waldrand entlang steigerte sich das Bild dieser dick über- zuckerten Eiskristallgebilde, das sich in der Nacht über die Sträucher und Hecken gezogen hatte. Die Tannen, ja die ganze Landschaft sahen aus wie frisch verschneit. Da und dort ragten in den Wiesen aus dem eher spärlichen Schnee Grashalme, einzeln oder in ganzen Büscheln, steif gefroren und ebenfalls weiß überzuckert.

Gesprochen hatten wir nicht viel. Das unendlich schöne dieses Wintermorgens zog uns zu sehr in seinen Bann. Großvater versuchte mir dieses Phänomen der Eiskristallbildung zu erklären, ich konnte mir aber zu der Zeit überhaupt nicht vorstellen, wie so etwas entstehen kann. So verblieb es in mir als Vorstellung eines Zaubers, der mich heute noch in seinen Bann zieht, wenn ich Eiskristallgebilde in der Natur draußen betrachten kann. Eisblumen zu entdecken ist leider eher schwierig geworden. Aber wenn ich einmal ein solches Fenster entdecke, dann spiele ich das Spiel mit dem warmen Atemhauch.

 © Hans-Peter Zürcher

Samstag, 3. Dezember 2011


Das letzte Blatt

Eine Art Einleitung

... Träume sind ebenso verrückt wie das Leben selbst und gleichen sehr oft einer Gratwanderung zwischen Sein und Nichtsein, gleichen einer Fata Morgana, die aus Hitzeflimmern, Traum und Realität entspringt. Denn alle Wahrnehmungen und Gedanken sind Realität, nur, ob sie nun Zukunft, Jetztzeit oder Vergangenheit sind, das weiß ich auch nicht, verleiten mich aber dann oft zum Träumen ...

Das letzte Blatt

Seit vielen Tagen weht ein zügiger Biswind, der sämtliche Blätter von den Bäumen zu wischen scheint. In vielen herbstlichen Farben schweben sie zum Takt der him- mlischen Musik, die der Wind zu verbreiten scheint, dem Boden entgegen und bedecken so Wege, Gärten und Wiesen mit einem bunten Teppich, der lustig raschelt wenn man darüber schreitet. Die Sonne schickt ihre milden, wärmenden Strahlen über diese immer trostloser werdende Landschaft. Der blaue Himmel ist mit nebelartigen Schleierwolken durchsetzt, der die Sonne als milchig weiches Wärmekissen erscheinen lässt. In der Luft liegt ein Duft von Spätherbst. Ein Duft von verbranntem Holz und trockenem Laub. Geschäftig fliegen Vögel in die bald mal blätterfreien Bäume und Sträucher, als wäre der Frühling ausgebrochen. Auch die Primel scheint sich von dieser überaus milden Wettersituation zu blühenden Aus- brüchen verleitet zu haben und zeigt uns ihre Farben- pracht ebenso wie der immer noch in tiefstem Blau leuchtende Herbstenzian.

Der Herbst vollzieht alljährlich aufs Neue sein Ritual vom Vergehen, vom Sterben. Möchte aber, und dies alle Jahre aufs Neue, sich immer weiter in den eigentlichen Winter hinein schiebend, noch einmal aufblühen und zu neuem Leben erwachen. Ein ehrwürdig erreichtes Alter will nochmals aufblühen und in jugendlicher Schönheit und Scharm erscheinen. Es möchte noch nicht zu Grabe getragen werden.

Auch das immer noch sattgrüne Blatt ganz oben in der mächtigen Buche, auch das möchte diese Welt noch nicht verlassen. Mann kann es nur erkennen, wenn man den alten Baum mit seinen weit verzweigten Ästen genau betrachtet. Die meisten Blätter sind inzwischen dürr und braun verfärbt, fallen tanzend gleich Schneeflocken zu Boden und lassen den ehemals im Sommer prächtigen, schattenspendenden Baum nur noch als trostloses Gerippe erscheinen. Und ganz oben ein sattgrünes, saftiges Blatt, das sich dem Sterben erwehrt und mir im zügigen wehenden Biswind zuwinkt. Ob im Sonnenschein des Tages oder im blassen nächtlichen Lichte des Mondes, es harrt da oben aus und will nicht sterben.

Jeden Morgen schaue ich als erstes zu diesem Baum hinüber, sehe zum grünen Blatt hinauf, ob es sich vielleicht inzwischen auch zu verfärben beginnt und bin dann sehr erleichtert, dass es mir immer noch in frischem Grün in den Morgen begrüßt. Ist es ein Traum oder ist es Wirklichkeit? dieses saftig grünes Blatt im Spätherbst.

Nun wird es aber von Tag zu Tag später hell am Morgen und so bange ich bis zum Mittag. „Wie geht es meinem Blatt? ist es noch da und winkt es mir auch heute in seiner jugendlichen Frische wieder zu?“. Eine bange Angst kriecht in mir hoch. Doch dann fühle ich mich überglücklich, wenn ich es gesund und munter erblicke und ein Gefühl von Erleichterung löst meine bange Angst ab.

Eine enge Freundschaft ist zu diesem Blatt entstanden, das da oben stolz dem Wind und der Jahreszeit trotzt, eine Freundschaft die man schon fast als Liebe bezeichnen könnte. -Was ist, wenn auch dieses letzte Blatt fällt, wird die Zeit stehen bleiben, wird sich etwas in mir verändern, wird es einfach nur weitergehen wie jedes Jahr im ewigen Kreislauf der Zeiten-.


Eine Art Ausklang

... Fragen über Fragen beginnen in mir aufzukommen über Werden, Sein und Vergehen. Auch dieses Blatt wird eines Tages sterben müssen und aus diesem erloschenen Leben wird neues entstehen. Im ewigen Kreislauf hier auf Erden wie auch im Universum. Ich werde es vermissen wie einen lieben Freund, aber ich werde auch mit Zuversicht weiter schreiten durch mein Dasein, auf dass wieder Neues daraus entsteht und es weitergehen wird, endlos im ewigen Kreislauf von Werden, Sein und Vergehen ...

© Hans-Peter Zürcher

Donnerstag, 20. Oktober 2011


Die Jahrmarktorgel

Sie stand schon sehr lange auf dem großen Platz, die einst so schöne große, alte Jahrmarktorgel. Ein Abstellplatz, der eher einer Schutthalde glich. Ein kühler, nebliger Herbsttag zog über diese Gegend wie schon viele, Jahre zu vor. Heerscharen von Krähen hausten tagsüber auf diesem Platz und suchten nach Futter. Immer wieder flogen sie in Scharen auf, um dann gleich wieder, ein Stück weiter vorn nieder zu gehen um den Boden aufs Neue nach Fressbarem zu durchsuchen.

- A. Ruth & Sohn Orgelbau zu Baden - stand in goldfarbenen, verwitterten Lettern auf der Seite dieses Gefährts, das sich einmal Wagen nannte. Dieser hölzerne braune Wagen war nicht mehr als solchen zu erkennen, die Farbe abgeblättert, das Holz faulig. Die Treppe am hinteren Ende des Wagens war abgesenkt, eine der Stufen fehlte, weggerissen, die zweiflüglige Türe halb offen, der zweite Flügel fehlte gänzlich. Und Innen sah es auch nicht besser aus. Die Stromversorgung, der Antrieb und die Blasbälge zerschlissen, voller Kot und anderem Dreck, eine Jammerorgel, nichts von dem Glanz vergangener Zeiten...

...Verschlossen und eingepackt stand sie da, in einem hölzernen, langen braunen Wagen. Abgestellt an dem Ort, wo sie eigentlich seit eh und je hingestellt wurde, am Ende oder am Anfang der Budenstadt, gerade da, wo die Besucher ihren Jahrmarktrundgang begannen oder beendeten. Ihr Geheimnis behielt sie, verschlossen wie sie war, bis an dem Tag, an dem es punkt Zwölfuhr mittags schlug vom nahen Kirchturm. Eine Viertelstunde vor diesem Stundenschlag wurden ihre Laden aufgeklappt, so dass ihre ganze Pracht aus dem Dunkel dieses Wagens freigegeben wurde. Ein alter Mann, ich glaubte immer, er sei genau so alt wie diese Orgel selbst, war Hüter dieses Geheimnisses. Mit einem einzigen Schalterhebel konnte alte Mann, einem Zauberer gleich, die große Orgel zum spielen bringen. Punkt Zwölfuhr mittags, auf den Schlag genau. Dieser Zauberer kam schon seit vielen, vielen Jahren mit seiner wunderbaren, großen Orgel in unser Dorf, um im Oktober den Jahrmarkt mit dieser besonderen Musik zu bereichern.

Und nun begann sie zu spielen und jubilieren. Die hübschen Damen mit ihrem verspielten Lächeln schlugen im Takte der Musik ihre Glocken, die sie in ihren zarten Händen hielten. Gleich vier dieser holden Wesen bevölkerten dieses Wunderwerk der Technik, auf Podesten stehend, links und rechts der Orgelpfeifen angeordnet. Zwei große Engel auf jeder Seite mit Trompeten bewachten blasend diese mächtige Orgel, als währe sie ein Heiligtum. Stolz standen sie da und setzten jeweils bei Beginn eines neuen Musikstückes ihr Instrument an den Mund, als wollten sie damit den richtigen Ton angeben. In der Mitte dieser Szenerie stand stramm und stolz ein Dirigent, der sich nach links und rechts drehend, mit seinem Dirigentenstab den Takt angab und so der Musik ihren Schwung zu verleihen schien. Trommel, Pauke und Tschinelle gehörten ebenso zum Spiel, wie die vielen Orgelpfeifen, die ihre Melodien wie kleine, niedliche Vögel schweben ließen.

Den ganzen Tag schon erklangen nun diese herrlichen Melodien. Staunende, grosse Kinderaugen, aber auch glänzende Äuglein Erwachsener ergaben immer wieder ein bewegendes Bild ab. Vor den Zuhörern die große, alte Jahrmarktorgel, fein beleuchtet von unzähligen Glühbirnen. Sie liessen die musikalische Szenerie in herrlichen Farben glitzern und leuchten, genau so wie ihre kräftigen Akkorde und Klänge. Dahinter die alten Häuser und die Kirche vom Dorf, ein dunkelblauer Himmel, der sich ins Schwarze zu verlaufen schien. Es begann einzudunkeln. Zwischenzeitlich durften sich viele hundert Zuhörer satt hören an diesen zauberhaften Melodien. Die Lichter der Orgel, die im Takte sich wechselnd veränderten und zeitweilig leicht zu flackern anfingen, wurden nun, je dunkler es rundherum wurde, immer besser sichtbar. Der alte Mann stand immer noch bei seiner Orgel, ab und zu verschwand er im Inneren dieser geheimnisvollen Anlage, um der Maschine neue Aufgaben, in Form von gestanzten Kartonelementen, einzuhauchen. Kühl, fast kalt war es nun geworden und immer noch standen viele Menschen, Jung und Alt, vor diesem Instrumentarium aus alten Tagen um sich verzaubern zu lassen. In all den vielen Jahren, die ich immer wieder lange und immer wieder aufs Neue staunend vor dieser Jahrmarktorgel verbrachte, hatte ich das Gefühl, dass deren Besitzer, eben dieser alte Mann, nicht älter geworden war. Ein liebliches, aber steht’s glatt rasiertes Gesicht mit listig dreinschauenden Augen, einfach gekleidet, nicht größer als ein Junge von fünfzehn Jahren und eher Mager war er anzuschauen. In diesem Jahr fiel mir auf, dass er immer wieder von heftigen Hustenanfällen geschüttelt wurde.

Der Jahrmarkt dauerte wie alle Jahre nur drei Tage, aber bereits am zweiten Tag blieb die Jahrmarktorgel stumm. Es hieß, dass ihr Besitzer, am späteren Abend zusammen gebrochen sei und nun im Spital liege. Die Orgel stand geschlossen an ihrem Platz, keine Musik, keine Lichter, keine sich bewegende Figuren. Ein trauriges und trostloses Bild. Beim vorbeigehen glaubte man jedoch, ihre Musik hören zu können, die wie kleine Vögel in den nachtblauen Himmel entschwebten, den vielen glitzernden Sternen entgegen.

Am dritten Tag dieses Jahrmarktes war an der Jahrmarktorgel ein mit großen schwarzen Buchstaben beschriebenes Blatt Papier angebracht: „Dieser Betrieb bleibt wegen Todesfall geschlossen„

© Hans-Peter Zürcher

Sonntag, 11. September 2011


Thank you - Merci - Gracias - Obrigada - Grazie- mulţumesc Bedankt Kiitos Takket - ขอบคุณคะ - 謝謝 - ありがとう- 고마워
Vielen Dank

Hans-Peter

Dienstag, 30. August 2011


Ein Sommerspaziergang

Ein tiefblauer Himmel verleitete mich dazu, an diesem frühen Morgen über meinen Garten hinaus den nahen Feldern entgegen zu schlendern. Die Luft war trocken und duftete nach Sommerfrische. Ohne dass ich es eigentlich vor hatte, zog es mich immer weiter. Erst über abgeerntete Rapsfelder, auf denen nun Mais angepflanzt worden ist. Noch beherrscht das Braun der Erde das Bild auf diesen Feldern, zu zart und fein waren die jungen Triebe des Mais. In Reih und Glied sind die Pflänzchen gesteckt, von weitem betrachtet ergab das ein schönes Muster von einfacher Gliederung und Struktur. Weiter ging es angrenzenden Feldern entlang, auf denen das Korn schon eine beachtliche Höhe erreicht hatte. Im leichten Wind wogen die schweren Ären gleich Wellen auf einem See. Das Feld war durchsetzt mit roten Mohnblüten, die in diesem Wellengang lustig mitschaukelten, als wären es kleine schwimmende Lichtlein auf einer unruhigen Wasseroberfläche. Je nach Lichteinfall glaubte man helle Gischtwellen erkenn zu können. Ein zartes Rauschen über dem Feld wurde von einer hell klingenden Melodie begleitet, erzeugt durch sachtes Glockenspiel von entfernt weidendem Vieh. Mäusebussarde kreisten in weitem Bogen und liessen sich durch die Thermik in die Höhe treiben. Ihre Schreie hallten über die Landschaft und die Weite dieser Felder, die in leicht hügeligem Gelände eingebettet sind, die lediglich durch einen kleinen, wunderbaren Wald und ein unendlich blaues Firmament überragt werden.

Solche Spaziergänge mache ich sehr gerne, denn ohne Ziel sich einfach durch die Natur treiben zu lassen ist etwas Erbauliches und auch erholsames. Waren es nun schon eine oder gar zwei Stunden, ich wusste es nicht. Es gab so vieles zu Reichen, zu fühlen und zu Schauen. Dieser wunderschöne Morgen und die Bilder dieser aufblühenden Landschaft lockten mich, immer weiter zu wandern. Langsam legte sich eine trockene, aber flimmernde Hitze über diese Felder. Mein Pulsschlag ging schnell, im Gleichtakt zu meinem Schritt, der unaufhörlich vorwärts trieb. So war dann die bläulich gefärbte, schattige Kühle dieses Waldes, den ich nun erreicht habe, eine willkommene Erfrischung.

Licht und Schatten spielten auf dem Boden im leichten Wind und wenn ich hoch schaute, glitzerte das Sonnenlicht zwischen die leicht vibrierenden Blätter. Die flimmernde Hitze, die mich aufgeheizt hatte, als ich den Feldern entlang spazierte, war noch in mir gespeichert, aber die sanfte Kühle dieses Waldes wird sie wohl langsam in angenehme Erfrischung verwandeln. Ich stand mal kurz still, zog mir den Sonnenhut vom Kopf und wischte mir mit dem Taschentuch die Schweißperlen von der Stirn. Langsam wurde auch meine Atem- und Pulsfrequenz wieder ruhiger. Hier im Wald herrschte eine wunderbare Stille, die nur von meinem Atem und einem leisen Windeshauch durch Äste und Baumwipfel bereichert wurde. Die Vögel haben wohl ihre Stimme verloren, da und dort war wohl noch einer zu sehen, saß aber eher in sich gekehrt auf einem Ast und rupften und zupfte sein Federkleid. Ein Wegstück weiter lagen am Wegrand feinsäuberlich geschälte, zum Abtransport aufgeschichtete Baumstämme, die mir eine ideale Sitzgelegenheit boten. Überall lagen noch von Winter und den letzten Frühjahrsstürmen Äste und Holzstucke herum, die wohl bis zu ihrer vollständigen Verrottung liegen bleiben werden. Die Bodenfeuchte und die üppigen Grünflächen in dieser Waldlichtung verliehen diesem Wald einen ganz besonderen Duft.

Hier konnte ich ungestört meinen Gedanken freien Lauf lassen, denn selten verirrt sich eine Menschenseele in hierher. Lockten doch die Schwimmbäder in der Region, oder die nahe Stadt zum Flanieren. Dieser heiße Sommertag zeigte sich aber besonders hier im Wald von seiner schönsten Seite. Das helle, blendende Nachmittagslicht verwandelte sich hier im Wald in eine wunderbare fließend glitzernde Melodie aus Licht und Schatten. Sie gleicht der Oberfläche eines mit kleinen Wellen schimmernden kühlen Bächleins. Da der Waldboden hier so schön Licht durchflutet ist, hat sich der Boden mit üppigem Grünzeug bewachsen. Farne aller Art, Brennnesseln und Klee waren auszumachen, aber auch duftende Wildrosenbüsche, Brombeersträucher und Efeuranken. Feine Düfte streichen mir entgegen, mal modrig von feuchter Erde und feuchtem, faulenden Holz, mal mild duftend nach durch die Sommerhitze aufgewärmte Grünpflanzen und heranreifende Beeren, mal von frisch geschlagenem Holz. All diese Wahrnehmungen zusammen mit der Melodie der Licht- und Schattenspiele verweben sich zu einer einzigartigen Symphonie. Voller Harmonie und Klangfarben, bereichert vom Klang der Glöckchen von weidenden Rindern, Schafen und dem Schrei von Bussarden oder Milanen, die sich mit der Thermik der heissen Mittagszeit irgendwo über dem Feld oder Wald in die Höhe treiben liessen und mit dem Aufwind ihr Spiel der Lüfte spielten.

Nur ungern verließ ich diesen ruhigen Winkel, aber es zog mich weiter. Kaum dass ich diesen erfrischen Wald verlassen hatte, wanderte ich gleißender Hitze über Wiesen- und Weideland einem kleine, stillen Dorf entgegen, das friedlich in diesen wunderbaren Tag hinein schlummerte. Wunderbar duftende Vorgärten mit üppig blühenden Blumen und Rosen aller Art, durchzogen von einem kleinen, feinen Bächlein. Klar und heiter sang es vor sich hin. Immer wieder seine glitzernde Oberfläche verändernd, mit wunderbar feinen Mustern, die sich harmonisch ins Kühle des Wassers und dessen Grund einfügten. An einem plätschernden Brunnen konnte ich nun auch meinen Durst löschen und mir Arme und Gesicht erfrischen. Was für eine Wohltat, klares, frisches Quellwasser. Ab und an führ ein Traktor vorbei, ansonsten schien das Dorf schlaftrunken und menschenleer.

Mich zog es weiter, musste ich doch nun langsam den Heimweg unter meine Füße nehmen. Durch eine enge Gasse hinauf auf einen kleinen Hügel, an einem Bauernhof vorbei ging es nun wieder über Gras- und Weideland diesem Berghang entlang Heimwärts. Nun veränderten sich die Düfte laufend, erst noch den herben Duft des Bauernhofs, eine Mischung aus Mist, Heu und Viehzeug. Dann von frisch gemähter Wiese und Heu. Das Weideland war kahl gefressen, ob wohl nur wenige Rindlein und Kühe sich in diesem Stück eingezäunter Wiese ihre Genugtuung fanden. Unaufhörlich fraßen sich die Einen von da nach dort und zurück, beständig mit ihren schwänzen nach lästigen Fliegen schlagend. Kleine Glöckchen begleiteten das gefräßige Völkchen, Glöckchen, die mal mehr und dann wieder weniger stark ertönten, je nach dem, wie sie bewegt wurden. Währenddessen andere vollgefressen und träge sich im spärlichen Schatten zweier kargen Bäume drängten. Zwischen drin ein Krähenvölklein, das sich in der abgegrasten Wiese niederließ und diese nach Fressbarem durchforschte. Ich schaute eine Weile dieser Gelassenheit und Sorglosigkeit zu, bevor ich meinen Weg weiterging.

Rundum hügeliges Gelände, mit eingebetteten Feldern, Bäumen und Wäldern. Dazwischen einzelne Häuser. Vom Dorf war nichts mehr zu sehn, nur der Kirchturm ragte noch aus dieser hügeligen Landschaft hinaus in den inzwischen leicht milchig angelaufenen Himmel. Hoch über mir der gleissnde Himmel mit seiner brennenden Sonne. Ich war froh, bald einmal eine lauschige Waldlichtung queren zu können. Über morsche Holzbohlen betrat ich ein kleines Sumpfgebiet. Bei jedem meiner Schritte gluckste es unter meinen Schuhen, ein Frosch sprang flüchtend ins feuchte Moor. Am Ufer eines kleinen Weihers legte ich nochmals eine kurze Rast ein, bevor ich mit reichlich geschenkten Eindrücken dann den Rest des Nachhausewegs antrat.

Das Blau des Himmels spiegelte im ruhigen Wasser des Weihers als wäre oben unten und unten oben. Eine weite Unendlichkeit, nur getrennt durch die Linie des Ufers, dessen Schilfbestände ebenfalls von dieser fantastischen Spiegelung aufgenommen wurden. Aus der Ferne erfreute der Glockenschlag der Dorfkirche, aus dem nahen Wald der Gesang von Mönchsgrasmücke und Amsel und aus dem Sumpf das Quaken der Frösche. Hoch oben kreisen schreiend und unermüdlich Schwalben auf der Jagd nach Mücken für ihren Nachwuchs. Nun schient das Leben in der Natur nochmals einen Anlauf zu nehmen, bevor es dann zum Einnachten von einem beschaulichen, feinen Ruhezustand in einen wohlverdienten Schlaf hinüberleitete.

Nur die Klänge der Dunkelheit werden dann noch ihr Nachtlied singen. Dunkle, geheimnisumwitterte, Nachtgesänge, ausgeleuchtet von glitzernden Sternen und fahlem Mondlicht. Umgeben von unheimlich aussehenden Nachtschattengewächsen, umher fliegenden Fledermäusen und dem Ruf eines Käuzchen.

© Hans-Peter Zürcher

Sonntag, 14. August 2011


Eine kleine wahre Geschichte
oder
Impression zur Depression

Ein milder Morgen kündigt sich mit sanftem Morgenrot an. Diesen schönen Morgen nutzten viele Menschen für einen Ausflug. Ein kommen und gehen, ein heftig Treiben wie schon lange nicht mehr. Eine Stimmung der besonderen Art scheint die vielen Menschen in ihren Bann zu ziehen. Schroffe Bergesflanken mit dramatisch wirkenden, steil nach unten fallenden Kanten. Im letzten Morgenrot schimmert der Berg noch dramatischer. Diese einmalige Stimmung treibt dem Einen oder Anderen Tränen in die Augen, die still und leise über seine Wangen kullern.

Gefangen von dieser dramatischen Aussicht herrscht eine schon fast andächtige Ruhe, die nur ab und zu von den in der Nähe herumflatternden Vögel unterbrochen wird. Nichts scheint all die hier staunenden Menschen, zu denen sich im laufe der Zeit immer mehr dazugesellten, aus der Ruhe zu bringen, außer dass auch vielen Neuankömmlingen bald einmal Tränen aus ihren Augen laufen und sich in ihre verkrampften, heulenden Gesichten verteilten.

Wie angewurzelt stehen sie da, und weinen über ihren großen Verlust, der ihnen widerfahren ist. Einem Absturz in’s Ungewisse, vom Glanz der großen, mächtigen Höhentouren in ein dunkles, unergründliches Tal sind ihre Liebsten gestürzt. Ein unüberwindliches Drama, das sich der Witterung entsprechend aber schon seit einiger Zeit angekündigt hat. Da nützt auch ein sanftes Morgenrot, wie sie es die letzten Tage erfahren haben, nichts. Zu glitschig ist es geworden auf dem schmalen Grat, die Unvernunft trieb sie aber weiter. Trotz aller Warnungen, die sie in den Wind schlugen, mit einem ungebremsten Erfolgszwang treiben die den Weg nach oben voran. Selbst bröckelnde Massen, die von weit oben nach unten stürzten, und den einen oder anderen mit in die Tiefe riss, liess sie nicht vernünftig werden. Und nun sind alle abgestürzt, vernichtet und am Ende.

Einige der Weinenden lösen sich aus der Masse, sie können dieses Drama nicht weiter mit ansehen. Mit hochroten, vom Weinen benetzten Gesichtern, gehen sie davon, ihr Ausflug fand ein jähes Ende. Dass ihr Ausflug so beendet würde hätte nun wirklich keiner gedacht, nein, sie alle glaubten an einen breiteren, sicheren Weg, der immer und stetig nach oben führt. Und nun so was.

Am nächsten Morgen lesen sie in der Zeitung, von den Menschen, die durch Bombenattentate ums Leben gekommen sind, von den Naturkatastrophen, von Hungersnöten, die viele Opfer gefordert haben, von einer Kindesentführung, von Überfällen und Morden, von Vergewaltigungen. Unberührt über all diese Vorkom- mnisse, lesen sie auch die Wetterprognosen, die Regen und einen Kälteeinbruch voraussagen. Auch dieses lesen sie eher gelassen und unberührt. Die Seite mit den Börsenkursen aber, die reißt sie in eine völlige, tiefe Depression.

Sie tanzten viele Jahre ihren Gurus folgend ums goldene Kalb und liessen sich glitzernder Staub in ihre Augen streuen, der sie blind machte. Sie sahen nicht, wie diese Gurus immer mehr von ihrem Reichtum für sich abgezweigt haben, denn sie waren ja geblendet und blind. Nun haben sie all ihren Reichtum, ihr ganzes Geld verloren.

Und ihre Gurus? Die zoggen munter weiter ab, jammern wohl, werden aber dennoch reicher und reicher und reicher…

© Hans-Peter Zürcher

Sonntag, 24. Juli 2011


Wo ein Baum steht gibt es auch Schatten

Wo ein Baum steht gibt es auch Schatten, wo Leben ist gibt es auch Tod, wo es Tage gibt, gibt es auch Nächte und nach jedem Traum gibt es auch ein Erwachen, die Polarität besteht und bestimmt unseren Lebensrhythmus.

Auch die Natur bestimmt diesen Rhythmus. Ein Rhythmus als regelmäßig wiederkehrende Zustände und Veränderungen. Werden-Sein-Vergehen. Unser Leben und das unserer Nachkommen hängt letztendlich von unserem Handeln, vom Umgang mit uns selbst und mit der Natur ab.

Nun, das Leben ist kein Traum, dennoch erwachen wir ständig aufs Neue über all dem Wahnsinn, der vom Menschen erzeugt, den Rhythmus des Natürlichen stört oder gar zerstört. Und genau das ist doch der springende Punkt. Der Mensch glaubt, allmächtig zu sein. Er allein kann über Werden-Sein und Vergehen bestimmen. Es ist aber leider ein Trugschluss, er kann eingreifen, dazu ist er wohl in der Lage, das Resultat sehen wir aber täglich aufs Neue. Daraus wachsen Schatten, die wie Trauerflor über unsere Welt schweben. Unter ihm Tod und Verderben, Angst und Schrecken.

Dazwischen Lichtblicke wie Hoffnung und Freude, Liebe und Glück. Dies sind Grundwerte die jeder Mensch kennt, zu mindest mehr oder weniger. Wenn der Mensch Fähigkeiten hat solches zu erkennen, einzugreifen, dann sollte er auch die Fähigkeit besitzen und nutzen und all das zu schützen, was Leben bedeutet. Sei es nun all die Lebewesen auf dieser Erde, aber auch die Natur, seine Lebensgrundlage. Der Mensch besitzt die Fähigkeit zu denken, sich eigenständig zu bewegen und zu handeln. Er allein ist für sich und sein Handeln verantwortlich. Aber er hat ebenso Verantwortung zu tragen, was er seinen Nachkommen weitergibt, was er seinen Nachkommen hinterlässt. Nur, Verantwortung zu tragen scheint leider ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. In der Endlichkeit seines Daseins, ja da könnte der Mensch Verantwortung tragen, zumindest redet er davon. Einhalten wird er es aber kaum können. Denn die Wirklichkeit überrennt ihn, holt ihn ein und überrollt ihn. Also muss es die nächste Generation ausbaden, was ihre Vorfahren hinterlassen haben. Bekanntlich werden aber aus Vergangenem keine Lehren gezogen, der Rhythmus hat seinen Takt gefunden, man redet weiter von Verantwortung tragen, leider redet man nur davon. Ein ewiger Kreislauf des menschlichen Wahnsinns...

Somit schließt sich für mich ein Kreis, ein Kreislauf der wie unsere Natur sich immer wieder auf's Neue durchlebt. Nur ein kleiner Unterschied wäre zu vermerken, Was der Mensch zerstört hat, ausgerottet hat, ist diesem Kreislauf entzogen. Sein Handeln aber hat sich längst in diesen Kreislauf eingebunden und die Zerstörung frisst sich weiter um den Planeten Erde wie ein Feuer, das alles verbrennt.

Die Natur braucht uns Menschen nicht zum Leben, aber wir Menschen brauchen die Natur zum Leben.

© Hans-Peter Zürcher

Samstag, 23. Juli 2011

22.Juli 2011


Ich bin zu tiefst erschüttert über diese äußerst brutalen Anschläge in Norwegen. Ich fühle mit den Angehörigen der Opfer, ich fühle mit den Verletzten. Ich bin zutiefst traurig und sprachlos, was Menschen andern Menschen antun. Dafür gibt es keine Recht-fertigungen.


Hans-Peter


Der Trauer Nachtgesang

Eisig haucht der raue Wind
Schmerzlich klagende Lieder
Hinaus über fahlen Lichterglanz
Aus der Trauer stumpfem Eis

Erstarrt ist eine Rosenknospe
In süßester Jugend gefangen
Im Traume luzider Nachtgesänge
Bedrückend und doch so leicht

Unendliche Schwere belastet
Gleich nässender Nebelschleier
Die drücken auf Herz und Seel
In frostig dunkler Sommernacht

Die Lieder dumpf verhallen
Versinken in fahlem Schimmer
Von unendlich tiefer Traurigkeit
Als wär’s einer Rose Pilgerfahrt

© Hans-Peter Zürcher


I am profoundly shocked by this extremely brutal attacks in Norway. I feel for the families of the victims, I feel for the injured. I am deeply saddened and speechless, what humans do to other people. There are no excuses.


Hans-Peter


The grief night singing

Breathed the harsh icy wind
Painfully plaintive songs
Beyond the pale lights shine
From the dull grief ice

Has solidified a rose bud
Caught in sweet childhood
In the lucid dream songs night
Depressing and yet so easy

Infinite gravity load
How moist fog
The press on the heart and soul
In frosty dark summer night

The songs fade away dull
Sinking into ashen glow
Of infinite sadness
As if a rose pilgrimage

© Hans-Peter Zürcher

Samstag, 9. Juli 2011


Sommertraum

Es war ein schöner, warmer Frühsommermorgen, ein stahlblauer Himmel, der durchsetzt war mit kleinen weißen Sommerwölkchen, die wie kleine Schiffe über einen großen See ziehen. Ich lag im noch taufeuchten Gras in unserem Garten unter dem Schatten spendenden Buchenhain, schaute diesen kleineren und größeren, munter umherziehenden Wolkenschiffchen zu und hörte mir verträumt den Gesang von Amsel und Mönchsgrasmücke an. Der kleine Brunnen plätscherte fröhlich vor sich hin. Hoch oben zogen zwei Rotmilane ihre kreisenden Bahnen und ließen sich dabei von der Thermik in die Höhe tragen. Ab und zu brummte ein Käfer oder eine Biene vorbei, die sich an der üppigen Blumenpracht genüsslich taten. Auch einzelne Schmetterlinge oder Paare tanzten um die Wette und Libellen aus einem nahen Teich schwirrten wie kleine Helikopter über den noch feuchten Rasen.

Aus unserem Haus dringen leise Töne von Klaviermusik. Es war die Sonate in G-Dur D 894 von Franz Schubert, eines meiner Lieblingsstücke. Diese Sonate ist 1826 entstanden, also zwei Jahre vor Schuberts Tod. Ein starkes, sehr schönes, lyrisches Stück, das zwischen Innigkeit und heftigstem Ausbruch alles beinhaltet und erfassbar macht, was ein Komponist und Musiker fühlbar machen und vermitteln kann, und dies, ohne die Abgründe zwischen den beiden erwähnten Gegensätzen einebnen zu wollen. Wahrlich ein Meisterwerk. Robert Schumann empfand diese Sonate als vollendetste in Form und Geist. «In ihr - so Schumann - ist alles organisch, atmet alles dasselbe Leben». Ein schöner Gedanke zu dieser wirklich wunderschönen Sonate, die zu diesem herrlichen Sommermorgen wie geschaffen schien.

Ich weiß nicht, wie lange ich so vor mich hingeträumt habe, die ganze Szenerie, die Musik, die Farben der Pflanzen und dessen betörender Duft, dies alles hatte meine Gedanken zurück in meine Kindheit wandern lassen. Mir kamen Erinnerungen auf, Erinnerungen an Ausflüge und Spaziergänge mit meinem Großvater. Wie er mit mir durch Wald, Feld und Flur wanderte, mir Tiere und Pflanzen erklärte, mich mit all den Düften, wie auch all den Geräuschen in der Natur bekannt machte und dies zu allen Jahreszeiten. Er zeigte mir, wie man aus Kerbel oder Haselstecken Flöten herstellen und spielen konnte. Ich konnte erfahren, aus welchen Pflanzen man Tee herstellen, oder welche Beeren, Früchte und Nüsse man essen kann.

All dies ging mir in Gedanken durch den Kopf, auch die Musik, die Großvater mir auf einem „Reisegrammophon“ zu Hause wie auch unterwegs vorführte, glaubte ich zu hören, denn er liebte Klaviermusik wie auch Opernarien und Jazz, nebst Marsch - und Volksmusik. Mit den Letzteren beiden konnte ich mich als Kind schon nicht anfreunden, ausgenommen waren lediglich Appenzeller - Streichmusik und natürlich Zäuerli. Die Liebe zu dieser Art Volksmusik hat aber seine eigene Geschichte.

Zwischenzeitlich stand die Sonne recht hoch und die Buchen vermochten mir keinen Schatten mehr zu spenden. Und eben diese Hitze, die nun auf mich niederprasselte, lies mich aus diesem Wachtraum aufwachen.


© Hans-Peter Zürcher

Montag, 30. Mai 2011


Novembereis oder gefrorene Herzen

Das d – Moll Klavierkonzert No. 3 von Rachmaninov begann mit einer traurigen Düsterheit und Schwere, als wollte diese den Hörer hinabziehen in eine dunkle Welt der Hilflosigkeit. Doch schon bald, übernahm das Soloklavier mit leisen und zarten Tönen das Zepter und vermittelte so Zuversicht und Hoffnung, die gleich aber wieder durch wirbelnde Klangveränderungen einem kalten Biswind ähnlich weichen mussten. Ein steter Kampf von Schwere und Leichtigkeit, von Trauer und Hoffnung begannt sich zu einem Tanz zu verweben. Angezogen und weggestoßen, stolpernd über Stock und Stein, ein Auf und Ab der Gefühle. Abgestorbener Blätter gleich wirbelten die Akkorde durch den Raum, angeregt durch einen kalten Novemberwind. Zwischendurch glänzten einige wärmenden Sonnenstrahlen, die sich durch rasch dahin ziehende Wolkenfetzen geschlichen hatten.

So erging es auch dem jungen Mann, dem es leicht fröstelnd im bequemen Sessel dennoch weit angenehmer war als draußen in der kalten Novembernacht. Auch draußen wehte ein eisiger Novemberwind. Es herrschten Temperaturen wie um diese Jahreszeit schon seit Jahren nicht mehr. Der Nachthimmel war mit Millionen von Sternen besetzt, die glitzernd und funkelnd der Erde zu blinzelten. Die einen schwach und zart, die anderen stark und frech. Nur der Siebentagemond leuchtete heller mit seinem kaltblauen Licht. Die Temperatur unter dem Gefrierpunkt ließ einem im warmen Stübchen verweilen. Begleitet von gedämpftem Licht, das eine weiße Kerze ausstrahlte, schweifte sein Blick durch das Fenster, dessen Vorhänge weit geöffnet waren. Sein Blick verlor sich in die Unendlichkeit des Universums, hinaus in die weite Dunkelheit der Nacht. Schemenhaft schwarz zeichneten sich die fast kahlen Bäume vom leicht erhellten, funkelnden Sternenhimmel ab. Ab und zu schneite es vom Wind weggerissene Blätter am Fenster vorbei, die dann im weichen Licht der Kerze ihren goldenen, roten oder braunen Farben noch einmal kurz aufleuchten ließen, bevor sie sich ins Dunkle der Nacht verloren. Während er so zum Fenster hinaus schaute, tauchte ihm immer wieder dasselbe Bild vor Augen auf, das ihn innerlich fast zu zerreißen drohte. Trotz der zauberhaften Musik Rachmaninov’s, die aus den Lautsprechern seiner Musikanlage erklang, durchströmte ihn ein eisiger Hauch von Schmerz. Bis anhin hatten ihn beim Anhören dieser Musik seine Gedanken durch weite Wälder mit grünen Lichtungen, entlang an gurgelnden Bächen und hinauf in hügelige Voralpen geführt. Leuchtende Berggipfel mit schimmernd weißen Kappen aus ewigem Schnee, milde Lüftchen die die grünen Blätter der Bäume umspielen und Grashalme leicht wiegen liessen. Geschäftiges Treiben der Vögel in den Wipfeln von Tannen und Laubbäumen.

...Und jetzt ? er klebt am Türfenster des abfahrenden Zuges und versteht nicht warum dieser sich in Bewegung setzt ohne dass er sich von seiner Geliebten hätte verabschieden können. Viel zu früh, den Fahrplan nicht beachtend, begann der Zug sich in Bewegung zu setzten und erreichte binnen Sekunden eine Geschwindigkeit, die einem Herbststurm ähnelten. Ein entsetztes Gesicht, aus dem die dunklen Augen die er so liebt eine unverständige Traurigkeit ausstrahlen, war das letzte Bild seines überaus hübschen Mädchens, das in seiner Erinnerung haften blieb und sich mit seiner Hilflosigkeit verschmolz. All diese wenigen Sekunden reichten aus, sein Herz einfrieren zu lassen. Lange Sekunden, die Hände an der Scheibe, die Nase an der Scheibe, den Blick ins Dunkle der Nacht gerichtet. Wie Blitze zuckten ab und zu Lichter von Strassenlaternen und beleuchteten Fenstern vor seinen Augen auf, die sich mit heißen, brennenden Tränen zu füllen begannen und über seine Wangen den Weg in die Weite suchend, sich in der trockenen Luft des Eisenbahnwagens verloren.

Seiner Geliebten mochte es nicht besser ergangen sein. Zitternd stand sie da auf dem Bahnsteig, den Schatten ihres nicht minder schönen Jünglings im Gegenlicht des Türfensters, immer schneller die letzten erhellten Fenster des Zuges und dann das Schlusslicht, das sich rasend schnell im immer enger werdenden Schienenstrang in die Ferne verlor. Ihr Herz eingefroren, sekundengleich mit dem Herzen ihres geliebten...

Hoffnungsvoll und leicht erhebend erklangen nun die Akkorde und Töne des Soloklaviers, untermalt von Hornklängen und schwebenden Geigenstimmen, die einen sanft sich anfühlenden Klangteppich woben. Immer wieder aber verfochten sich kalte Winde unverfroren in diese sich harmonisierenden Klänge, vermochten aber nicht, das Eis zum schmelzen zu bringen. So heftig wie der Abschied ohne Abschied endete dann auch das Klavierkonzert. Gleich hüpfenden Rädern eines über Weichen rumpelnd Eisenbahnzuges zog es die Musik der unendlichen Ferne, abrupt und ohne Vorwarnung in eine unwirkliche Weite.

Diese klare und kalte Novembernacht aber verwandelte, untermalt von leichten Morgennebelchen, das kurze Gras der Wiesen und die abgefallenen Blätter, die über den Boden verteilt waren, in eine eiskristallzierende, frostige Schönheiten. Hier lagen sie nun, darunter auch Blätter in Herzform, überzogen mit einer feinen Schicht von erstem Novembereis. Als ob tausende Abschiedstränen auf dessen Ränder vergossen wurden, glitzerten diese kristallumrandeten kleinen, filigranen Kunstwerke. Sie konnten aber nur kurze Zeit ihren Reiz beibehalten, Sonnenstrahlen erwärmten im laufe des Morgens all diese Herzen und ließen das Eis schmelzen. Genau so wie die erwärmende Liebe dieser beiden Menschen das Eis ihrer gefrorenen Herzen auftauen wird.

© Hans-Peter Zürcher

Sonntag, 29. Mai 2011


Thank you - Merci - Gracias - Obrigada - Grazie
mulţumesc Bedankt Kiitos Takket
ขอบคุณคะ - 謝謝 - ありがとう- 고마워
Vielen Dank

Hans-Peter

Sonntag, 1. Mai 2011



Das Kirchlein zu Grindelwald

Zum Ausklang eines schönen Tages mit einer wunderbaren Wanderung zur Schreckhornhütte gelüstete es mich, nach dem Abendessen das Kirchlein und den Friedhof zu besuchen. Der Standort dieser Anlage könnte nicht schöner gewählt worden sein. Die Kirche stammt aus dem 18. Jahrhundert und ist nebst einer kleinen Orgel und der bemalten Flachdecke über dem Schiff einfach und schmucklos gehalten, hat aber sehr schöne Fenster mit Glasmalereien. Ich verweilte mich eine kurze Zeit in dieser Stille, um danach noch einen Rundgang durch den Friedhof zu machen. Die, die hier liegen, haben eine wirklich schöne, letzte Heimat und Ruhestätte gefunden. All die Grabsteine und Kreuze auf den mit Blumen geschmückten Grabfeldern waren mit typischen Grindelwaldner Namen und dann zwischen drin wieder solche mit fremdländischen Namen beschriftet. Sie alle erzählen Geschichten vom Leben, Abenteuern, Schicksalen, aber auch von Liebe und Entbehrungen. Fast andächtig durchschritt ich die Grabreihen. Einige Sperlinge zwitscherten munter miteinander und flogen zwischen Bäumen und Sträuchern hin und her. Außer meinen Schritten im Kiesbelag des Weges und dem Rauschen der Lütschine aus dem Talgrund war es sehr ruhig, ja fast feierlich in diesem eher traurigen Hof. Und doch fühlte ich in dieser Umgebung innere Ruhe wie auch eine Zufriedenheit in mir. Wie glücklich sind die, die hier an diesem Plätzchen ihre letzte Ruhe gefunden haben.

Gedanken

Wie glücklich sind die, die hier an diesem Plätzchen ihre letzte Ruhe gefunden haben. Diese Gedanken hatten nicht das Geringste mit Lebensmüdigkeit oder dergleichen zu tun, sondern ich dachte an all jene, die diese schöne Ruhestätte verdient hatten. Die vielen Einheimischen, Zugezogenen und Berggänger. Viele Namen wie große Namen kann man auf den Grabsteinen und Grabkreuzen finden. Namen von Politikern, Künstlern, Arbeitern und Bauern, großen und kleinen Leuten, arme und reiche, gläubige und nicht gläubige. Und alle die hier Ruhen haben eines gemeinsam, sie ruhen hier gemeinsam in dieser Erde, einer neben dem andern, gerade so, wie sie abberufen wurden und alle sind letztendlich gleich. Die Politiker, Künstler, Arbeiter und Bauern, große und kleine Leute, arme und reiche, gläubige und nicht gläubige. Hier unterscheidet sich keiner mehr nach Stand und Herkunft. Wichtig ist nur, dass all die, die hier ihre Ruhe gefunden haben, ihr Leben gelebt und Gutes getan haben.

© bei Hans-Peter Zürcher