Sonntag, 1. Mai 2011



Das Kirchlein zu Grindelwald

Zum Ausklang eines schönen Tages mit einer wunderbaren Wanderung zur Schreckhornhütte gelüstete es mich, nach dem Abendessen das Kirchlein und den Friedhof zu besuchen. Der Standort dieser Anlage könnte nicht schöner gewählt worden sein. Die Kirche stammt aus dem 18. Jahrhundert und ist nebst einer kleinen Orgel und der bemalten Flachdecke über dem Schiff einfach und schmucklos gehalten, hat aber sehr schöne Fenster mit Glasmalereien. Ich verweilte mich eine kurze Zeit in dieser Stille, um danach noch einen Rundgang durch den Friedhof zu machen. Die, die hier liegen, haben eine wirklich schöne, letzte Heimat und Ruhestätte gefunden. All die Grabsteine und Kreuze auf den mit Blumen geschmückten Grabfeldern waren mit typischen Grindelwaldner Namen und dann zwischen drin wieder solche mit fremdländischen Namen beschriftet. Sie alle erzählen Geschichten vom Leben, Abenteuern, Schicksalen, aber auch von Liebe und Entbehrungen. Fast andächtig durchschritt ich die Grabreihen. Einige Sperlinge zwitscherten munter miteinander und flogen zwischen Bäumen und Sträuchern hin und her. Außer meinen Schritten im Kiesbelag des Weges und dem Rauschen der Lütschine aus dem Talgrund war es sehr ruhig, ja fast feierlich in diesem eher traurigen Hof. Und doch fühlte ich in dieser Umgebung innere Ruhe wie auch eine Zufriedenheit in mir. Wie glücklich sind die, die hier an diesem Plätzchen ihre letzte Ruhe gefunden haben.

Gedanken

Wie glücklich sind die, die hier an diesem Plätzchen ihre letzte Ruhe gefunden haben. Diese Gedanken hatten nicht das Geringste mit Lebensmüdigkeit oder dergleichen zu tun, sondern ich dachte an all jene, die diese schöne Ruhestätte verdient hatten. Die vielen Einheimischen, Zugezogenen und Berggänger. Viele Namen wie große Namen kann man auf den Grabsteinen und Grabkreuzen finden. Namen von Politikern, Künstlern, Arbeitern und Bauern, großen und kleinen Leuten, arme und reiche, gläubige und nicht gläubige. Und alle die hier Ruhen haben eines gemeinsam, sie ruhen hier gemeinsam in dieser Erde, einer neben dem andern, gerade so, wie sie abberufen wurden und alle sind letztendlich gleich. Die Politiker, Künstler, Arbeiter und Bauern, große und kleine Leute, arme und reiche, gläubige und nicht gläubige. Hier unterscheidet sich keiner mehr nach Stand und Herkunft. Wichtig ist nur, dass all die, die hier ihre Ruhe gefunden haben, ihr Leben gelebt und Gutes getan haben.

© bei Hans-Peter Zürcher

1 Kommentar:

Rosanna Maisch hat gesagt…

Liebe Hans-Peter,

wunderbare Gedanken verspinnst Du in diesem Werklein. Das nuss ein wahrlich schönes Plätzchen sein. Das Foto hast Du sicher auf diesem Freidhof aufgenommen. Ja, mein lieber Lyrikfreund, Du verstehst es, mit Worten umzugehen und mit Deinen Augen das Schöne einzufangen.

Liebe Grüsse

Deine Lyrikfreundin Rosanna